Mittwoch, 6. Januar 2010

Tag 114 - 24. Dezember

Weihnachten


Heute bin ich wieder um die gleiche Zeit aufgestanden wie gestern, aber meine Gastmama war noch nicht fertig mit dem Koffer packen, weil sie und Chantell heute zu mir ins Zimmer siedeln. Ein bisschen später brachten wir dann aber alle Sachen ins andere Hotelzimmer und gingen dann hinunter in die Lobby um auf Eber und Carlos zu warten, die uns abholen sollten. Wir mussten über eine Stunde warten, weil so viel Verkehr war. Ich habe inzwischen kurz mit meinen Eltern in Österreich mit meinem Handy telefoniert.

[ungefähr 10€ für ein zwei Minuten Überseegespräch, aber da ich mein Guthaben sowieso nie aufbrauche und jeden Monat 5€ hinauf laden muss, war das schon okay.] Nach und während dem Gespräch ist mich das Heimweh überkommen und mir sind die Tränen übers Gesicht geronnen. Meine Gastmama war ganz besorgt und fragte mich was los sei und ob es ist, weil ich hier bin und nicht Weihnachten in Österreich mit meiner Familie feiere. Ich nickte nur und sie nahm mich dann in den Arm und sagte, dass ich dafür mit ihnen hier bin!

Es war dann noch ein bisschen schwer, dass ich mich damit abfand, aber da ich in dem Moment es nicht ändern konnte, war es bald wieder vorbei.

Eber und Carlos kamen dann endlich beim Hotel an und brachten uns in ein Einkaufszentrum. Unser erster Weg war der zu einem Coffeeshop, weil wir im Hotel noch nichts gefrühstückt hatten. Wir bestellten für jeden einen Kaffe und ein Stück Gebäck, wir mussten über eine halbe Stunde darauf warten, weil so viele Leute dort waren.

Danach wollte ich mir eine neue Jeans kaufen, aber ich fand leider keine, nur eine kurze Hose. Das war aber auch okay, da mir auch meine kurzen Hosen alle zu klein geworden sind. Die Schlange zur Kassa wand sich durch das gesamte Geschäft und ich stand dort eine knappe Stunde nur damit ich zahlen konnte.

Meine Gastmama kaufte inzwischen noch weitere Weihnachtsgeschenke, die sie gestern nicht bekommen hatte und danach fuhren wir zum Haus meiner Gasttante. Dort waren schon andere Verwandte von meiner Gastmama, die gestern noch nicht da waren. Fast alle saßen um den Küchentisch und waren damit beschäftigt Ayacas zu machen. (Ayacas sind das typische Weihnachtsessen in Venezuela, zusammen mit dem „Pan de Jamón“. Ein Ayaca ist eine Teigtasche mit Fleisch, Oliven, Tomaten und Rosinen, die dann in Blätter einer Pflanze (ich weiß den Namen leider nicht) gewickelt, mit einer Schnur zugebunden und dann in kochendem Wasser gekocht wird. Mir schmeckt es aber nicht.)


 
Meine Gastoma kochte für Chantell und mich Nudeln, weil wir schon so hungrig waren. Sie machte dann auch noch ein paar Kastanien, die ziemlich lecker waren. Ich ging danach mit Chantell fernsehen, weil die anderen mit Ayaca machen und anderen Vorbereitungen beschäftigt waren, und wir ihnen nur im Weg standen.

Gegen 11 in der Nacht rief mich dann meine Gastmama, weil das Bad frei war und wir uns alle für die eigentliche „Weihnachtsfeier“ herrichten werden würden. Chantell hatte ein schönes rosafarbenes Kleid an und ich habe auch mein rosarotes Kleid mitgehabt. (Es hat sich dann nur noch meine Gastmama und ein meiner Gastcousinen umgezogen, und die anderen sind in ihrem „normalen“ Gewand geblieben).



Inzwischen saßen die anderen vor dem Haus und tranken Bier und feierten schon ein bisschen.

Danach deckten meine Gasttante und ich den Tisch. Die anderen ließen noch auf sich warten, und kamen erst eine Stunde später dazu, ich langweilte mich ein wenig, weil es in Österreich doch anders ist. (Ich meine an Weihnachten wollen doch alle beisammen sitzen und hier ist jeder seinen eigenen Dingen nachgegangen.)

Endlich saßen wir dann alle zusammen um den Tisch und meine Gastmama fing als erste an einen Toast auszusprechen. Sie sagte, dass sie froh ist, dass wir Weihnachten dieses Jahr zusammen in Valencia feiern können und sie ist auch froh und dankbar, dass ich mich so gut in die Familie integriert habe und dass ich ganz als Familienmitglied akzeptiert bin. Ich freute mich total und dann sagten die anderen auch ein paar Worte bis ich an der Reihe war. Ich bedankte mich auch dafür in Valencia sein zu können und dass Weihnachten dieses Jahr ein echtes Abenteuer wird, weil es soooo anders ist als gewohnt. In diesen Momenten war ich dann in der erhofften Weihnachtsstimmung, die ich hier so verzweifelt gesucht habe, den ganzen Advent lang, und es war dann wirklich Weihnachten für mich. Das war mein größtes Geschenk, und eigentlich wollte ich nur das eine: in meiner „neuen“ Familie aufgenommen und akzeptiert werden und ich war nur froh, dass mir dieser „Wunsch“ erfüllt wurde.

Danach fingen wir alle an zu essen. Es war sehr ungewohnt, weil jeder mit jedem zur gleichen Zeit sprach und da alle schon ein bisschen „angeheitert“ waren, war es auch laut und ein bisschen unkontrolliert. Es war aber nicht unangenehm für mich, weil ich ja ein typisch venezolanisches Weihnachtsfest miterleben wollte.

Einige waren nach ein paar Minuten schon fertig mit dem Essen und schön langsam verlagerte sich die Feier wieder nach draußen vor die Tür. Chantell wollte dann unbedingt die Geschenke aufmachen und versuchte die anderen zusammenzutrommeln, was ihr aber nicht gelungen ist.

Erst gegen halb zwei in der Nacht saßen wir dann im Haus um die Geschenke versammelt und mein Gastbruder Carlos fing an seine Geschenke zu verteilen. Hier überreicht jeder seine Geschenke persönlich, alle schauen dabei angespannt zu und rufen „Aufmachen- Was bekommst du? – Schneller aufmachen, oder eben aufreißen! – Was ist es?“. Alle klatschen dann noch im Takt dazu.



Ich bekam auch ein Geschenk von Carlos, mit dem hatte ich zwar überhaupt nicht gerechnet, aber ich freute mich dafür umso mehr, als ich das Packerl aufmachte. Er schenkte mir einen Puzzleball mit ganz vielen bunten Kreaturen drauf, und ich muss sagen, ich freute mich wirklich darüber.



Danach war meine Gastmama an der Reihe. Sie überreichte einige Geschenke und alle anderen riefen das Sprüchlein. Sie gab dann ein Geschenk ihrem Bruder und als er es aufmachte, nahm sie es ihm wieder weg und sagte, dass das gar nicht für ihn bestimmt sei und dass sie sich vertan hatte. Wir lachten alle nur darüber. In Wahrheit war es nämlich mein Geschenk, das sie mir dann im nächsten Moment gab. Ich bekam drei Hosen (zwei kurze und eine dreiviertel Hose).

Dann war auch schon ich an der Reihe; ich beschenkte Carlos, Chantell und meine Gastmama. Meine Eltern haben mir im letzten Packet noch ein Geschenk für Chantell und meine Gastmama, und ein paar andere Sachen zum Verschenken mitgeschickt. Alle haben sich total gefreut, aber da ich vorher nicht genau wusste, wie viele wir an Weihnachten sein werden, habe ich noch ein bisschen österreichische Musik mitgenommen und den anderen geschenkt.

Meine Eltern haben mir aber nicht nur Geschenke zum Verschenken mitgeschickt, sondern auch eine Reihe Packerl, die für mich bestimmt waren. Ich bekam eine Sheepworld Kuscheldecke, einen Spanischkalender (jeden Tag ein paar neue nützliche Sachen auf Spanisch), total schöne Ohrringe, einen Schneemannanhänger für mein Nominationarmband, eine Schneekugel von meinen Eltern und eine von Oma und Opa, Kekse, von meiner Schwester einen großen Wandkalender und einen kleinen mit Lesezeichen und noch ein paar andere Sachen. Eine Freundin hat mir noch eine Box mitgegeben, bevor ich nach Venezuela geflogen bin, und dort war auch ein Weihnachtsgeschenk für mich drinnen. Leckere Lebkuchen und ein Foto! Ich bedanke mich hier gleich an dieser Stelle für alle Geschenke, die ich aus Österreich bekommen habe :)



Nachdem wir alle Geschenke überreicht hatten, richteten wir ein paar Matratzen her, weil wir alle schon ein wenig müde waren und gingen dann gegen vier ins Bett.

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